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„Lange
Dinger“ - wortreiche Todesanzeigen
Vor diesem Abschnitt meiner Website muss ich gewissermaßen
warnen. In allen anderen Teilen habe ich mich darum bemüht, Goethes Motto zu
beherzigen: „Gebt Ihr ein Stück, so gebt es gleich in Stücken! Solch ein Ragout, es muss Euch glücken“ (Faust I, Vorspiel auf dem Theater).
Ich habe also entweder von vorneherein kurze
Anzeigen ausgewählt oder längere auf die Essenz eingekürzt, um die es mir
ging. Mit dieser bewussten Zurückhaltung ist es hier vorbei. An dieser Stelle
soll es nämlich um die „langen Dinger“ gehen, also um Anzeigen, deren Wirkung
nicht zuletzt von ihrem Wortreichtum und der überbordenden Mitteilungsfreude
ihrer Verfasser ausgeht. „Wes
das Herz
voll ist, des geht der Mund über“, dieses Bibelwort (Matthäus 12, 34) gilt manchmal eben auch im
Todesfall. Nicht jedem verschlägt der Verlust des Liebsten die Sprache.
Manchen drängt es auch, den Leser der Anzeige dadurch in seinen Schmerz
hineinzuziehen, dass er der Mitwelt en détail
kundtut, welch ein Mensch dem Erdenkreis verloren gegangen ist. Wer mir durch
diesen Teil meiner Sammlung folgt, braucht also Zeit und Ausdauer, denn was
hier folgt, ist nichts für den raschen Konsum, sondern Lektüre für Kenner.
Diesen verspreche ich aber auch, dass die im Folgenden versammelten opulenten
Stücke das genaue Studium rechtfertigen werden, erlauben sie doch in vielen
Fällen einen besonders tiefen Blick in das Leben des oder der Verstorbenen
und/oder seiner Angehörigen.
Um welches Genre von Anzeigen es dabei geht, mögen gleich die ersten
beiden Stücke zeigen, die beide dem „guten Mann von Mainz“, der
rheinhessischen Lokalgröße Karl „Carlche“ S.
gelten. Dabei fällt es schwer zu sagen, ob der ursprüngliche Nekrolog oder
die nachfolgende Danksagung mehr sprachliche Wucht entfalten:
Eine längere Danksagung muss nicht immer aus ausformulierten Sätzen
bestehen. Effekt kann auch ein Trommelfeuer von Stichworten machen, wie
Günter sie seiner Helma nachruft – wenn darin Details nicht ausgespart werden
wie das vom „bis Exitus ringenden“ Notarzt:
Nicht immer gelten lange Anzeigen Menschen, die schon während ihres
Erdenlebens äußerlich bedeutsam waren. Die folgende gilt einem verstorbenen Busfahrer.
Dass sie eine der schönsten in meiner Sammlung ist, hängt mit der Person des
Buschauffeurs zusammen, dem schweizerischen Alltagsschriftsteller Ulrich Arnd, von dem der
wunderbare Text stammt:
Sehr ergreifend kann es sein, wenn der Verstorbene selbst sein Leben
in Ausführlichkeit Revue passieren lässt:
Noch ein Stück trauriger ist wohl die folgende Anzeige:
Nicht gespart mit Einzelheiten wird auch in folgender Danksagung:
Dass sich wortreiche Anzeigen in vielen Details ergehen, kann für den
Außenstehenden ein wahrer Gewinn sein, wenn er dadurch zum Beispiel erfährt,
nach was Architekten in ihren Diplomprüfungen so alles gefragt werden:
Diese Rubrik möchte ich mit den Anzeigen
eines Witwers für seine jung gestorbene Frau Helga beschließen. „Lange
Dinger“ sind die neun Nachrufe für sich alleine nicht alle, in der sich
bildenden Serie aber gewiss – zumal diese gewissermaßen mit einer Pointe
endet:
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